Karpfenwetter - gibt es das ? Teil II

Ein weiteres Phänomen ist der Luftdruck. Karpfen können sehr empfindlich auf den Einfluß von Tief- und Hochdruckgebieten reagieren. Eine Bedeutung konnte ich jedoch nur an kleinen oder sehr flachen Gewässern feststellen. Dort schlug die " Barometerangelei " , wie ich sie nennen möchte, wie eine Bombe ein. Während den Wintermonaten zeigten sich an den betreffenden Seen, unter dem Einfluß von anhaltenden Hochdruckgebieten, günstige Fangbedingungen. Im Sommer war dies jedoch nicht der Fall. Wahrscheinlich ist die
Ursache darin zu sehen, daß anhaltende Hochdruckeinflüsse häufig mit warmen Lufttemperaturen in Zusammenhang stehen und zwangsläufig den Sauerstoffgehalt der Gewässer negativ beeinflussen. Bei einem Wetterumschwung durch ein Tiefdruckgebiet, stiegen die Erfolgsaussichten von "0 auf 100" an und konnten solange beibehalten werden, wie kühleres Klima für günstigere Bedingungen sorgte. Für mich steht fest, daß das gesamte Verhalten der Karpfen in flachen Gewässern in Zusammenhang mit dem Luftdruck steht, jedoch nicht davon abhängig zu machen ist, ob man einen wärmeren oder kühleren Angeltag auswählt oder sonstige Einflüsse mehr berücksichtigt. Die Fische haben ihre eigenen Erfahrungen mit den Wetterauswirkungen und somit dem Luftdruck, über viele Jahre hinweg gemacht und demnach erscheint es auch plausibel, wenn sich die Tiere danach richten. Die gewonnenen Erfahrungen geben die Karpfen von Generation zu Generation weiter, und jüngere Artgenossen passen sich immer dem Verhalten der älteren Fische an. Zum Teil richtete ich meine Zeit am Wasser ganz nach dem Luftdruck. Auf einem Jahreskalender wurde täglich der aktuelle Druckwert eingetragen und Veränderungen kritisch beobachtet. Zeigten sich im Winter Hochdruck- und im Sommer Tiefdruckeinflüsse, so versuchte ich, die Zeit , die zur Verfügung stand, am Wasser zu nutzen . Es wurde zu einem Angeln in Abhängigkeit zum Barometer, was zeitlich gesehen zwar von Nachteil war, mir aber zu so mancher Sternstunde verholfen hat. Andererseits konnte ich so an ungünstig erscheinenden Tagen die Zeit nutzen, mein Interesse den tieferen Baggerseen, Kanälen oder Flüssen zu widmen, an denen der Luftdruck scheinbar überhaupt keine Auswirkung auf das Freßverhalten der Karpfen hat. Der Luftfeuchtigkeit braucht man sein anglerisches Augenmerk nicht zu schenken, da er für das Verhalten der Fische bedeutungslos ist. Allein die Tatsache, daß sich die Luftfeuchtigkeit ortsgebunden sehr unterschiedlich zeigt, verhindert das Festlegen brauchbarer Werte. Dem Luftdruck

werde ich jedoch auch weiterhin meine Aufmerksamkeit widmen und zum Teil eine Gewässerwahl danach richten. Wie sieht es mit den Fangerwartungen im Allgemeinen bei schlechtem Wetter aus, wenn dunkle Wolken und Regenschauer das Umfeld ein wenig trostlos erscheinen Lassen? Generell möchte ich sagen, daß Regen keinen besonderen Einfluß auf die Beißlaune hat. In ganz eingeschränktem Maß fressen die Bartelträger in einigen Gewässern bei Regen verstärkt, und in anderen wird mehr Futter bei trockenem Wetter aufgenommen. Sein

Angeln danach auszurichten, ist aber nicht lohnenswert, da sich, ähnlich wie bei der Luftfeuchtigkeit, keine Richtlinien ergeben. Dennoch möchte ich an dieser Stelle auf die angesprochenen Ausnahmegewässer zu sprechen kommen, wo die Fische positiv auf Regenschauer reagieren können. Charakteristisch für solche Gewässer ist ein dichter Uferbewuchs, bestehend aus über das Wasser ragenden Bäumen und Sträuchern. Auf dem Ast- und Blätterwerk dieser diversen Pflanzen herrscht reges Treiben. Unzählige Käfer, Raupen und andere Insekten verbringen dort ihr Leben. Bei einem Wolkenausbruch werden viele dieser Lebewesen durch die herabfallenden Wassertropfen mitgerissen und landen schließlich im Gewässer. Karpfen können durchaus eine Vorliebe für dieses Nahrungsangebot entwickeln; genauso, wie man es von den Forellen kennt, die sogar ihre bevorzugten Standorte unter überhängendem Gestrüpp finden. Die Karpfen werden aber nur dann auf diese Form der Nahrung zurückgreifen, wenn ihre Lebensumstände sie dazu veranlassen. Damit meine ich, daß es bei Weitem nicht ausreicht, wenn ein paar überhängende Sträucher o. ä. vereinzelt am Ufer vorzufinden sind. Zu wenige Insekten würden bei Regen von diesen ins Wasser fallen, um das Interesse der Cypriden zu wecken. Typische Gewässerformen, an denen die Karpfen bei regen mit erhöhter Beißfreudigkeit reagieren, sind sehr dicht bewachsene, schmale, Flüsse, Weiher und kleine Seen. Falls sich in diesen Gewässern zudem das natürliche Nahrungsangebot, also Muscheln, Krebse, Mückenlarven etc., als schlecht oder nicht überdurchschnittlich gut einstufen läßt, hat man im Grunde eine Garantie dafür, daß die Mooser bei Regenwetter auf herabfallende Insekten lauern. Niederschlag kann sich also nur unter bestimmten Voraussetzungen wirklich positiv auswirken. Genauso zwiespältig sieht es bei Gewittern aus. Mal fängt man vor, während oder nach einem Gewitter besonders gut, und ein anderes Mal geht überhaupt nichts an den Haken. Die selben, unbeständigen, Erfahrungen konnte ich bei Nebel sammeln. Die Fische reagieren sehr unterschiedlich auf die, für den Menschen so bizarr wirkenden, Lichtverhältnisse. Karpfen lassen sich zu jeder Tageszeit und unter den fragwürdigsten Bedingungen fangen. Nebel bildet da keine Ausnahme. Alle Fische reagieren auf Sonnenlicht; bei Zierfischen im Aquarium kann man das sehr schön beobachten. Der Lichteinfall der künstlichen Beleuchtung zwingt die Fische zu ihrer Körperhaltung. Bei senkrechtem Lichteinfall schwimmen die Fische für das menschliche Auge ganz normal umher. Fällt das Licht schräg ein, verändern die Fische ihre Haltung gemäß dem Winkel des Lichtes. Für die Angelei ist dieses Phänomen nahezu unbedeutend, da das Sonnenlicht immer von oben ins Wasser fällt. Dennoch ist die Erkenntnis über das Licht - Fischverhalten wichtig. Fische, wie unsere Karpfen, haben einen engen Bezug zum Licht, denn auch unter Wasser gibt es so etwas wie Tag und Nacht . Zu welcher Tageszeit die Karpfen auf Nahrungssuche gehen, ist häufig vom Licht abhängig. In einigen Gewässern wird man besser über Tag fangen, an anderen mehr in der Nacht. Nur selten findet man ein ausgesprochen ausgeglichenes Verhältnis vor, wo sich die Karpfen sowohl tagsüber als auch nachts fangen lassen. Licht bestimmt also die Ruhe- und Aktivzeiten der Fische entscheidend mit. Bei dichtem Nebel wird die, für die Fische gewohnte, Lichteinwirkung verändert. Das Sonnenlicht erhellt nur spärlich die Unterwasserwelt, so daß es für die Fische länger Nacht bleibt. Ähnlich verhält es sich auch bei sehr wolkenverhangenem Himmel; nur ist es bei dichtem Nebel intensiver. Dort, wo die Fische bei Dunkelheit besser beißen, wird der Nebel günstig erscheinen. Es ist viel länger Nacht und die Beißzeiten verlängern sich somit auch. Sollten sich die Fische jedoch bei Tageslicht besser fangen lassen, so wird sich der Nebel nachteilig auswirken. Allein aus diesem Grund entstehen die unterschiedlichsten Meinungen im Kollegenkreis. Die einen schwören auf Nebel, während die anderen ihm nichts Gutes abgewinnen können. Des Öfteren konnte ich beobachten, wie sich Karpfen im Nebel durch die lauten Klatscher, wenn sie mit ihren massigen Körpern die Wasseroberfläche durchbrachen, bemerkbar machten. Da ich die Fische deutlich hören konnte, die erwarteten Bisse aber ausblieben, mußte der Nebel bei ihnen ein besonderes Verhalten auslösen. Ich möchte dieses Verhalten als "spielen" bezeichnen. Vermutlich fühlen sich die Fische durch das fahle Licht sehr sicher und neigen daher zu "Freudensprüngen". An vielen Gewässern kommen sie in einer solchen Phase sehr dicht ans Ufer heran. Völlig unbehelligt patrouillieren sie zwischen den Pflanzen und dem Astwerk, ohne jede Scheu. Falls sie beim Angeln solche Uferkarpfen bemerken, heißt die Devise, dort die Köder anzubieten, wo sich die fische zur Zeit bevorzugt aufhalten. Wie schon erwähnt, gibt es bei Nebel keine feste Faustregel, die gleichermaßen für alle Gewässer gilt; aber es lohnt sich, dort genauer darauf zu achten, wo man häufig angeln geht, um herauszufinden, wie dort die Karpfen darauf reagieren; damit man eines Tages die angewandten Angelmethoden gezielter einsetzen kann. Ziemlich am Anfang meiner Schilderungen habe ich angedeutet, daß die Trübung des Wassers und die Art des Bodengrundes die Karpfen wetterabhängig beeinflussen. Bei der Trübung muß man sich das so vorstellen: Karpfen sind Augentiere und nehmen Nahrung auf Sichtkontakt genauso auf , wie sie ihre Leckereien mittels Geruchs- und Geschmackssinn aufspüren können. Das einfallende Sonnenlicht kann sehr tiefe Wasserschichten erhellen; vorausgesetzt, das Wasser ist klar genug. in einer trüben Brühe wird die Fähigkeit, mit den Augen auf Nahrungssuche zu gehen, vermindert. Im Normalfall kommen die Karpfen sehr nah ans Ufer heran, da dort, durch das einfallende Licht, gute Sichtverhältnisse herrschen. Nachts und bei schlechtem Wetter können sie nahezu überall nach Nahrung suchen und werden die Uferzonen nicht unbedingt

bevorzugen. Wie gesagt, ist die Rede vom Idealfall. Sobald Unruhe durch Badegäste, Wassersportler oder Angler das Bild eines Gewässers prägen, werden die Fische vorsichtiger und nicht mehr so häufig im Flachwasser anzutreffen sein. Die Trübung eines Gewässers ändert sich je nach Jahreszeit. Von Frühjahresbeginn bis zum Spätsommer findet man eine vielfältige Palette an Schwebstoffen vor. Die Wasserpflanzen wachsen und gedeihen und sondern Partikel ab. Viele Mikroorganismen und Kleinstlebewesen, wie Wasserflöhe,

gesellen sich hinzu und tragen ihren Teil zur Trübung bei. Mit dem Sinken der Wassertemperaturen verschwinden die meisten dieser Erscheinungen, und an vielen Gewässern wird das Wasser glasklar. Die Lebensbedingungen der Karpfen stehen also in einem ständigen Wechsel, abhängig von den Jahreszeiten und den unterschiedlichsten Wetterformen. Trübes Wasser begrenzt die Sehfähigkeit der Karpfen. Als logische Konsequenz kann man davon ausgehen, daß die Fische bei klarem Wasser scheuer reagieren. Ein Angler, der unter solchen Bedingungen sehr nah am Ufer den Moosrücken nachstellt, sollte also äußerst behutsam vorgehen und jede nur unnötige Störung vermeiden. Vielleicht wäre es unter diesen Umständen sogar empfehlenswerter, die Köder weiter hinaus zu befördern, also in tiefere Wasserschichten, wo sich Störungen seitens des Anglers nicht oder nur gering, bemerkbar machen. Ist das Wasser trüber, wird auch die Uferangelei angenehmer, und die Fische werden nicht so schnell verscheucht. Mit dem Bodengrund verhält es sich ähnlich. Gewässerabschnitte verschlammen mit den Jahren; der Pflanzenbewuchs kann sich in einem Jahr übermäßig stark zeigen und im folgenden Jahr sehr spärlich ausfallen . Die Produktion der natürlichen Nahrung unserer Fische, zu der die Pflanzen auch zählen, unterliegt Veränderungen, die wiederum wetterbedingt sind. In Bereichen, wo viel Nahrung hervorgebracht wird, wird man auch die Karpfen antreffen und fangen. Aber gute Angelstellen werden sich nicht auf ewig produktiv erweisen. Der Angler muß also sehr flexibel zu Werke gehen und versuchen, die Veränderungen zu erkennen , um den Karpfen gedanklich zu folgen; handfeste Regeln, die gleichermaßen an allen Gewässern gelten, gibt es eigentlich keine. Doch was ist nun das ideale Karpfenwetter? Beantworten möchte ich diese Frage so: Ideale Bedingungen findet man immer dann vor, wenn die Cypriden in außergewöhnlicher Beißlaune sind. Dies kann bei prallem Sonnenschein und Windstille genauso eintreffen, wie bei klirrender Kälte und Schneegestöber. Es sind zu viele Faktoren, die ihren Einfluß auf das Wohlbefinden der Karpfen ausüben können. Gute und schlechte Angeltage stehen in Abhängigkeit zu langfristigen Wettereinflüssen und niemals nur zum derzeitigen Wetter beim Angeln.

Wetterumschwünge sind genauso oft als positiv zu betrachten, wie absolut unbedeutend. Der Luftdruck an flachen Gewässern bildet die goldene Ausnahme, denn nur dort konnte ich leicht vorbestimmend Karpfen fangen. Beobachten Sie die Wetterverhältnisse an ihren Gewässern mit dem Verhalten der Skepsis und werten Sie ihre gewonnenen Eindrücke immer aufs Neue aus, bis Sie ihre Lieblinge zu durchschauen gelernt haben und sich wiederkehrende Gewohnheiten hervorheben. Mit der Zeit kommen durch die Erfahrungen auch die kontinuierlichen Erfolge und Schneidertage werden immer seltener. Ein Fangbuch anzulegen, erleichtert die Arbeit und hilft vorbeugend, eine falsche Meinung zu bekommen. Es nützt nur wenig, ständig mit Köder und Gerät herumzuexperimentieren; vertrauen Sie ihren altbewährten Methoden und konzentrieren Sie sich mehr auf die Lebensumstände ihrer beschuppten Freunde. Bei Gewässern, die weniger intensiv befischt werden, oder wo nur Gastspiele gehalten werden, ist es schwer, die Veränderungen mitzubekommen. In einem solchen Fall hilft nur die augenscheinliche Lokalisierung der Karpfen und eine noch größere Portion Glück. Nichts destotrotz möchte ich zum Schluß die, wenn auch sehr wenigen Anhaltspunkte, nach denen jeder Angler das Wetter beim Ausüben seines Hobbys berücksichtigen kann, klar in den Vordergrund stellen: - Bei sehr heißen Sommerperioden die Gewässerabschnitte bevorzugen, wo der Wind das Wasser in Bewegung versetzt. - Bei kleinen und flachen Gewässern den Luftdruck bevorzugt beachten. - Bei dichtem Uferbewuchs und Regen nahe der überhängenden Sträucher angeln. - Beißen die Fische an ihrem Gewässer nachts am besten , dann sollten die Nebeltage benutzt werden. - Bei klarem Wasser sehr vorsichtig und vor allem leise zu Werke gehen. - Bei klarem, sowie trübem, Wasser die Köder auf unterschiedlichen Entfernungen anbieten, um so besonders fangträchtige Bereiche herauszufinden. - Krautfelder bei der Angelplatzwahl beachten, da sie Sauerstoff produzieren und sich dort in der Regel auch die Fische aufhalten. - Im Frühjahr die Gewässerbereiche beangeln, die sich am schnellsten erwärmen; also Flachwasserzonen oder Uferbereiche, die die Sonne tagsüber am längsten erwärmt. Das Wetter wird, aufgrund seiner Komplexibilität, wahrscheinlich so lange ein Thema bleiben, wie es Fachzeitschriften gibt; aber niemals wird es Bedingungen geben, die überall eine 100 % ige Fanggarantie gewährleisten. Wo würde unser Hobby enden, wenn dem nicht so wäre und alles in einem logischen Muster eingeordnet werden könnte? Der Reiz, die Natur immer wieder neu zu erleben, ginge verloren und so auch die Faszination an unserem Sport.
Andreas Janitzki

 

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