Quickies und One Night Stands!

Von Markus Wegner

Irgendwie scheint es, als sei der moderne Karpfenangler mehr und mehr zum Camper mutiert. Schaut man sich einmal das ganze Gerödel an, daß ein normaler Hunter so mit sich schleppt, kommt man schnell zu diesem Schluß. Mal eben ein paar Stunden auf Karpfen angeln, gibt es nicht mehr, mindestens zwei Nächte müssen es schon sein. Selbst in dem von Simom Crow verfassten Artikel über Kurzzeitsessions in der Karpfenscene werden kurze Ansitze als Trips von bis zu zwei Tagen definiert. Leider kann man diese Story nicht so ganz auf
unsere Verhältnisse übertragen, da in England mal wieder alles ganz anders ist, als bei uns. Wie Simon schreibt, ist er als Testangler für eine Zeitung unterwegs. Daher wird er vermutlich von den Besitzern der Gewässer auf die besten Plätze gesetzt, so daß er ohne große Vorbereitung gute Resultate erzielen kann. Derartiges konnte ich bei meinem Trip nach England selbst erleben. Da wurde nämlich ein bekannter Karpfenangler an dem Gewässer an dem ich fischte erwartet. Die besten Plätze waren bereits Tage, bevor der Mann samt Filmcrew auftauchte, für ihn reserviert. Kein Wunder, daß er dann auch sehr gut fing. Es ist ja schließlich keine gute Werbung, wenn ein Crack an dem Tümpel blankt.
 
Daß die englischen Gewässer auch nicht unbedingt mit unseren zu vergleichen sind, sollte eigentlich jedem Karpfenangler klar sein. Auf der Insel schießen mittlerweile die kommerziellen Angelteiche wie Pilze aus dem Boden. Jeder Farmer, der etwas ungenutztes Land besitzt, gräbt ein Loch, läßt Wasser hinein und stopft es mit Fischen, insbesondere mit Karpfen, voll. Das ganze wird dann als Top ­ Gewässer in der Presse angepriesen, und der Rubel rollt. Große Seen von mehr als hundert Hektar werden auf der Insel gemieden wie die Pest. Die Angler treiben sich lieber an Pools rum, die gerade mal so groß sind wie ein typischer Forellenteich. Ich möchte daher mal beschreiben, was für mich eine Kurzzeitsession ist, und wie ich vorgehe um in kurzer Zeit möglichst gut zu fangen. Unter einer derartigen Session verstehe ich Angeltrips von einigen Stunden bis zu einer Nacht. Aufgrund von akutem Zeitmangel haben ich in den letzten Jahren viele kurze Sessions gefischt und konnte zum Teil außergewöhnlich gute Resultate erzielen. Bei meinem besten kurzen Trip
fing ich in 6 Stunden 13 Karpfen zwischen 14 Pfd und 27 Pfd, und das mitten im tiefsten Ruhrpott. Besonders wichtig, um gute Resultate zu erzielen, ist die richtige Vorbereitung. Location is the Name of the Game. Wer sein Gewässer genau kennt und weiß, wo die Karpfen zu welcher Jahreszeit sind, wird in einigen wenigen Stunden mehr fangen, als der unwissende Langzeitangler. Bei einem fremden Gewässer gehe ich so vor, daß ich das Gewässer so häufig, wie möglich besuche um nach Fischen Ausschau zu halten. Abends und morgens machen sich die Karpfen am ehesten durch Rollen bemerkbar. Ein kleiner Spaziergang nach der Spät-, oder der Nachtschicht kann da nicht schaden. Ich konnte so schon einige gute Stellen ausmachen. Wenn möglich begleitet mich meine Lotrute auf einem solchen Spaziergang. Löcher, oder Kiesbänke sich immer ein Zeichen für einen Hot­Spot, genauso, wie Einläufe, oder flache Buchten. Auch Gespräche mit anderen Anglern, die nicht unbedingt Karpfenangler sein müssen geben Aufschluß über das

Gewässer. Ich warne aber davor, sich auf fremde Plätze zu setzen. Gerade diese "Mode" scheint sich immer mehr durchzusetzen. Ich kenne "Spezialisten", die gnadenlos Stellen anderer Karpfenangler befischen, um möglichst einfach an gute Stellen zu kommen. Immer häufiger kann ich auch Karpfenangler beobachten denen es scheinbar weniger um den Karpfen selbst als um das Gewicht des Fisches oder um die Anzahl der aufs Kreuz gelegten Fische geht. Die Zahlenspielerei nimmt immer extremere Formen an. Der Hammer war für mich die folgende Aussage: "Wir angeln nur am ......-See um Stückzahl zu machen." Daß die Jungs dort gnadenlos geblankt haben, hat natürlich nicht nur mich gefreut. Das Schlimme ist, daß derartige Karpfenangler keinerlei Rücksicht nehmen. Da werden zum Beispiel Zentnerweise Boilies abgeladen, obwohl der Vereinsvorstand schon mit dem Gedanken spielt unsere Lieblingsköder zu verbieten. Daß ein solches Verhalten Wasser auf die Mühlen unserer Gegner ist, sollte eigentlich jedem einleuchten. Auch das Nachtangelverbot für Gastangler, das gerade hier im Ruhrgebist an einigen Gewässern existiert, scheint diese Leute nicht zu interessieren. Hauptsache die Menge der gefangenen Fische stimmt. Am wenigsten Rücksicht wird auf die Locals, die Stammangler, geschweige denn auf deren Futterstellen genommen. Da freut man sich, endlich ein Gewässer gefunden zu haben, welches einige schöne Karpfen beherbergt und zudem noch kaum befischt ist, schon fallen diese wild marodierenden Horden ein. Eine unbedachte Äußerung im heimischen Angelgeschäft und schon sind die Truppen auf dem Marsch. Wenden sich diese Leute dann einem anderen Gewässer zu, bleibt in der Regel nur verbrannte Erde übrig. Die Stammangler, die schon wer weiß wie lange in aller Ruhe und Beschaulichkeit das Gewässer befischt haben, werden für die Misere verantwortlich gemacht. Ihnen schiebt man dann zum Beispiel die plattgetretenen, oder gar gerodeten Angelplätze zu. Oder sie sind Schuld an dem Müll der herumliegt.

1kg Boilies pro Tag reichen völlig aus....
Doch genug der Abschweifungen, zurück zum eigentlichen Thema. Habe ich erst einmal eine erfolgversprechende Stelle gefunden, beginne ich mit der Futterkampage. Vor der ersten Session reicht es vollkommen aus, zwei mal zu füttern. 1 kg Boilies pro Tag sind normalerweise genug um die Karpfen auf den Geschmack zu bringen. Ich benutze für den ersten Test einen bewährten Boilie, da ich sicher sein will, in puncto Bait keinen Fehler zu machen. Mein Standarknödel für solche Aktionen ist ein selbstgedrehter Boilie aus M&M Yellow Birdfood Mix, mit 3 ml Rod Hutchinson Sugarcane Extract, 2 ml RH Protaste Sweetner, sowie RH Sweet Appetite Stimulator auf 6 Eier. Hiermit konnte ich mal bei einem ersten Test an einem Vereinsgewässer den größten Spiegler des Sees fangen. Es gibt keinen Knödel, zu dem ich mehr Vertrauen habe. Erst wenn ich eine Stelle besser kenne und weiß womit die anderen Karpfenangler fischen, ändere ich meinen Köder um anders zu angeln als die anderen Hunter. Der außergewöhnlichste Duft den ich benutze ist Rod Hutchinson The Liver im M+M Liver & Marine Mix. Ein Geheimtip, wenn der Karpfen bereits alle anderen Geschmacksrichtungen kennt. Mein Tackle beschränke ich auf das nötigste. Eine mittlere Tasche, ein Futteral, sowie Bedchair und Fischmatte sind alles was ich für eine Nacht ans Wasser schleppe.
Gasbetriebener Kühlschrank und mehrflammige Kocher....
Umfangreiches Gerödel, wie der gasbetriebene Kühlschrank, oder so unnützes Zeug, wie ein mehrflammiger Kocher mit Gasflasche brauche ich nicht. Zuviel Gepäck schränkt die Mobilität ein. Gerade diese ist in meinen Augen sehr wichtig. Machen sich nämlich Karpfen an einer anderen Stelle bemerkbar, wechsel ich sofort den Platz. Je schneller das von Statten geht, desto eher bin ich am Fisch. Die vielgehörte Aussage, "Die Fische werden schon zu meinem Futterplatz kommen", stammt von faulen und meist recht erfolglosen Anglern. Um Fische auszumachen, versuche ich auch in der Regel bei One­Night­Stands wach zu bleiben. Bei nur einer Nacht läßt sich das auch gut durchhalten. Klar das ich bei kurzen Sessions auch auf mein 2-Mann-Hutchy verzichte. Ein leichts Shelter, wie Nash Oval Profile, oder Fox Carp Shelter ist in meinen Augen die beste Alternative für Quickies. Es ist nicht sehr schwer und in kürzester Zeit auf-, oder abgebaut. Mein Rod Pod ist ein leichtes KJB, alt aber verläßlich. Was die Ruten anbelangt, stimme ich Simon Crow zu. Lieber etwas stärker als zu leicht. Es gibt nämlich nichts frustrierenderes als Fische, die sich außerhalb der Wurfweite zeigen. Selbst an vorgefütterten Stelle habe ich es erlebt, daß ich die Stelle überwerfen mußte um die Karpfen zu erreichen. Ich bin allerdings kein Freund von Fast Taper Ruten. Diese Knüppel verzeihen nicht den geringsten Fehler. Meine Wahl sind 13' / 3,5 lbs Hutchinson Dreammaker mit einer sogenannten semi progressiven Aktion, was immer das auch heißen mag. Die Ruten haben jedenfalls eine eher durchgehende Aktion, obwohl Weiten von deutlich mehr als 100 Meter, selbst bei ungünstigen Wind geworfen werden können.
 
Rigs - Keep it simple!

Bei den Rigs verfahre ich in normalerweise nach dem Grundsatz "Keep it simple". Ein ca. 25 cm langes Vorfach, an dem ein Haken mittels des knotenlosen Knotens angebunden wird, ist mittlerweile mein Standardrig geworden. Als Hakenköder benutze ich an einer Rute einen Sinker, an der anderen Montage einen Schneemann. Falls ich mit drei Ruten fischen darf, hängt an der dritten Rute ein Pop Up. Stellt sich heraus, daß die Fische nur auf eine Art der Präsentation, wie zum Beispiel den Schneemann stehen, werden die anderen

Ruten selbstverständlich umgestellt. Ich hoffe das ich hier ein bißchen Überzeugungsarbeit leisten konnte, und Euch gezeigt habe, daß man auch durch kurze Sessions zum Erfolg kommen kann. Also, denkt in Zukunft nicht nur: "Heute ist gutes Karpfenwetter". Packt die notwendigen Klamotten ein und fahrt für ein paar Stunden ans Wasser, Ihr werdet sie genießen.
Tight Lines, Marcus Wegner  eMail an den Autor

 

Berichte-AuswahlSeitenanfang

 

Copyright © 1998 by carp.de All rights reserved. webmaster@carp.de