Das große Fressen

Von Ralf Müller

Es war einmal... So fangen alle Märchen an. Früher wie auch heute. Das Carpfishing ist zweifelsohne für viele von uns ein Märchen der modernen Zeit. Hier finden wir das, was man im grauen Alltag häufig vermisst, Freiheit, Abenteuer und so manch andere Dinge, die das Leben lebenswert machen. Wie sollte es aber anders sein, so ist beim Carpfishing ebenso Vorarbeit zu leisten um über kurz oder lang eine Session erfolgreich zu gestalten. Ich möchte nun über eine der Vorarbeiten berichten. Dem Anlegen eines Futterplatzes. Es soll ja Mitstreiter geben, die das mit Abschütten von Tischabfällen oder ähnlichem verbinden. So soll es natürlich nicht sein.
Sinnvolles Füttern und somit Anlegen eines Futterplatzes hängt von verschiedenen Faktoren ab. Blindes Anfüttern in einem bestimmten Gewässerabschnitt, nur weil er einem gerade mal gefällt, ist nicht sinnvoll, wenn dort keine Fische lokalisiert werden können. Also, vor dem Ausbringen des Futters sollten erst mal die Fische aufgespürt werden. Location wird dies im neudeutschen Sprachgebrauch genannt. Ein abendfüllendes Thema für sich, über das schon viel geschrieben wurde, und zu dem ich mich nicht näher auslassen werde. Konnte ich Fische ausmachen und habe ich einen Weg gefunden, diese auch befischen zu können, sollte ich mir Gedanken über die weitere Vorgehensweise machen. Hier kommt jetzt die Futtermenge ins Spiel. Kann man sich die Frage über die Menge nicht eindeutig beantworten, und dass kommt häufiger vor als manche glauben wollen, gilt ein Leitgedanke: "Lieber etwas weniger, als zuviel." Habe ich erst mal viel Futter auf meinen Platz gebracht und die Fische wollen nicht so, wie ich gern möchte, oder die Fische sind einfach nur in einen anderen Abschnitt gezogen, hab ich den Salat. Die wenigen Carpies, die hin und wieder vorbeikommen, finden dann ein Überangebot an Futter vor, die Wahrscheinlichkeit das sich ein Fisch an unseren Köder vergreift, ist sehr gering. Spielen wir aber doch mal einen anderen Fall durch. Gleiche Vorzeichen wie oben beschrieben, aber zusätzlich ein sehr hoher Weißfischbestand im Wasser. Mist, was mach ich denn jetzt? Ein Mittel ist mit Sicherheit, die Futtermenge zu erhöhen. Um wie viel denn aber erhöhen? Jetzt erwarten viele von euch wahrscheinlich sehr genaue Mengenangaben in Kilo und Stück. Ich kann nur niederschreiben, wie ich verfahre und was ich an Menge füttere. Das ist und kann kein Patentrezept für Alles und Jeden sein. Das Ganze muss von Fall zu Fall neu überdacht werden.
Meine Vorgehensweise....
Ich befische überwiegend zwei Gewässer. Zum ersten einen See von ca. 30 Hektar Größe und einem steil abfallenden Uferbereich. Mitten im See befindet sich ein riesiges Plateau mit Wassertiefen zwischen 4 m bis hin zu 0,5 m. Zwischen der über 130 m breiten Rinne vom Ufer bis zum Plateau geht die Wassertiefe bis auf stellenweise 16 m runter. Der Karpfenbestand ist mittelprächtig und die größten Fische sind 32 Pfund schwer. Der Weißfischbestand ist stark, mit vielen großen Brassen (bis 5 Pfund) und vielen Rotaugen und Rotfedern (bis zu 2 Pfund). Jetzt aber endlich mal nackte Zahlen. Im Frühjahr, wenn das Wasser langsam Temperatur bekommt und die Carpies richtig aktiv werden, füttere ich in der Regel zwei Tage hintereinander mit jeweils 1 Kg Boilies. Während des Fischens füttere ich am Anfang nichts mehr und warte erst einmal Aktionen ab; wenn ich merke, dass Fische am Platz sind, bringe ich nach jeder Aktion ca. 20-30 Boilies pro Rute ein. Dabei achte ich aber darauf, dass die Köder nicht zu konzentriert auf eine Stelle plaziert werden, sondern ich verteile diese etwas, damit der Fisch aktiv bleiben muss, um die Murmeln zu finden. Man kann auch anders verfahren, indem man mit Particle vorfüttert. Ich bevorzuge hierbei eine Mischung aus Mais und Weizen. Aber Achtung, wird mit Partikel gefüttert, zieht man sich sehr schnell Raubfische auf den Futterplatz. In einem Gewässer mit Wallerbestand kann das fatale Folgen haben. Der große Karpfen muß den Waller zwar nicht unbedingt fürchten, aber wohl fühlt er sich in seiner Gesellschaft bestimmt nicht. Mir ist es schon passiert, dass ich mir mit einer solchen Futtertaktik meinen Platz regelrecht zerlegt habe, weil sich Waller eingefunden hatten. Ist nicht sehr schön, wenn auf deine Murmeln plötzlich ein Waller abfährt. Die Weißfische kann man noch in Schacht halten, wenn man mit sehr großen, steinharten Boilies, ich denke da an die Größe von 25- 28 mm, füttert und damit auch fischt. Freunde von mir haben damit recht gute Erfahrungen gemacht. Ich will aber nicht verschweigen, dass ich selbst auf diese Methode noch nichts erwischen konnte. Ich benutze lieber die Kombination von 2x 20er Murmeln oder 3x 15er. Diese Präsentation kommt meiner Meinung nach dem natürlichen Futterangebot näher. Man muss sich die einmal die Frage stellen, wo unser geschuppter Freund denn im natürlichen Bereich einen Klumpen von 28 mm vorfindet, der auch noch fressbar ist. Eigentlich doch nirgends. Benutze ich aber eine Kette von Murmeln, so sieht das Ganze schon eher wie etwas Natürliches aus. Man denke nur an Krebse, welche unsere Freunde ja sehr gerne fressen. Man sieht schon, was man alles bedenken und welche Wege man beschreiten kann. Dies war eine kleine Ausschweifung in einen anderen Bereich, kommen wir zum Thema zurück. Eine weitere gute Möglichkeit ist die, dass man eine Montage mit zwei bis drei Stringer präpariert und diese etwas abseits vom eigentlichen Futterplatz präsentiert. Bringt zwar insgesamt weniger Fische, aber es sind meistens die Besseren. Ist übrigens eine sehr gute Methode, wenn im Sommer das natürliche Futteraufkommen sehr hoch ist und die Fische nicht so unbedingt auf unser Angebot angewiesen sind.

Futteraktionen über einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen habe ich auch schon hin und wieder versucht. Bringt meistens aber nicht so viel. Meistens bleiben diese Aktionen nicht unentdeckt und einige unserer lieben Mitangler versuchen zu ernten, wo sie nicht gesät haben - ärgerlich. Damit möchte ich dieses Gewässer verlassen und an mein zweites Hauptgewässer wechseln. Ich fische hier nur im zeitigen Frühjahr oder im Spätherbst. Es handelt sich um ein Kleingewässer von 1 Hektar Größe. Die tiefste Stelle liegt bei 2,5 m. Der Untergrund besteht aus einer Sandschicht ohne Rinnen oder Sandbänke. Mit Karpfen ist der Teich total überbesetzt. Die größten Fische sind ca. 25 Pfund schwer und der Durchchnitt liegt bei 10 Pfund. Weißfische kommen in absolut wahnsinnigen Mengen vor. Außerdem schwimmen hier noch ca. 30 Waller im Wasser rum. Futteraktionen über einen längeren Zeitraum funktionieren fast nie, weil die Weißfische sich auf alles Fressbare stürzen, was sie nur finden

können. Peng - und schon hast du auch die Waller da, die räumen den Platz dann gnadenlos ab. Selbst Boilies bleiben nicht übrig. Ist ja ganz witzig, wenn du so ein Teil fangen möchtest, aber zum Einen sind sie nicht besonders groß (Schnitt liegt bei ca. 12 Pfund) und zum Anderen möchte man ja eigentlich Karpfen fangen. Ich fische hier meistens mit sehr kleinen Boilies zwischen 8-14 mm. Anfüttern allerhöchstens 1 Tag vor dem eigentlichen Fischen. Beginne ich dann, lege ich eine Rute mit 2x 8er Boilies und die andere Rute mit einem 20er Boilie an der ich noch einen Stringer befestige aus. Auf diese Methode hatte ich im vergangenen Jahr sehr gute Erfolge in diesem Gewässer. Dieses Jahr hat es dafür an dem Gewässer gar nicht geklappt. Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren darüber, woran es lag. An diesem Gewässer habe ich außerdem folgendes festgestellt. Wenn dort drei oder mehr Leute mit Murmeln fischen, das kann an ganz unterschiedlichen Stellen sein, geht überhaupt nichts mehr. Die besten Chancen hat man immer, wenn man ganz alleine fischt.
Fazit
Was dieser kurze Artikel eigentlich aufzeigen soll, ist folgendes: Es ist sehr schwer, irgendwelche Angaben über verwendete Futtermengen oder wie oft vor dem Fischen gefüttert wird, zu machen. Das Ganze hängt zu sehr von den Umständen ab und muß immer wieder neu und individuell überdacht werden. Strategien, die gestern noch Bestand hatten, versagen heute. Es sollte sich jeder selber Gedanken machen, wie er bei einem geplanten Einsatz am Wasser vorgehen möchte. Mir ist schon klar, dass einige von uns, die mit der Materie Boiliefischerei noch nicht so vertraut sind, immer auf Fakten, und zwar knallharte Fakten, über die verwendete Futtermenge und wie oft vorher gefüttert wird, erwarten. Ging mir vor vielen Jahren genauso. Ich habe immer auf Informationen gehofft, die ganz klare Aussagen in Zahlen erhielten und war jedesmal total enttäuscht, wenn der Beitrag nicht das hergab, was ich erhofft hatte. Heute glaube ich es besser
zu wissen. Viele Jahre des Fischens mit den buntenKugeln liegen mittlerweile hinter mir, manche waren erfolgreich, manche weniger. Eines hat die Vergangenheit aber deutlich gezeigt, der regelmäßige Erfolg kam erst dann, als ich mir selber Gedanken über das Eine oder Andere machte. Es macht keinen Sinn, sich von Informationen Dritter einfach berieseln zu lassen. Der individuelle Gedanke und das Vertrauen in seine Methodik und Taktik ist wichtiger als die Informationsflut anderer. Abheben von der breiten Masse, was neues probieren, ist häufig der Schlüssel zum Erfolg. Jetzt bin ich zwar von meinem Thema total abgeschweift, aber dass mußte mal gesagt werden.

In diesem Sinne, wünsche ich allen Leser NUR DICKE

 

Euer Ralf Müller Mail an den Autor

 

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