Mein erstes mal! -
Karpfenangeln aus der Sicht eines weiblichen Nichtanglers.

Von Evelyn Klemens

Um überhaupt verstehen zu können, warum Ihr Karpfenangler dieses Hobby betreibt mußte ich wohl selber einmal mit ans Wasser. Ich sah vorher immer nur Fotos von Bekannten, Freunden und auch völlig fremden Karpfenanglern. Der geangelte Fisch von vorne, von der rechten und auch noch mal von der linken Seite. Für mich Anfangs völlig unverständlich... Schließlich kam es dann, daß ich selber an einem solchen Trip teilnahm. Voller Erwartung, was da wohl auf mich zukommen mochte ging ich mit ans
Wasser. Es wurde ausgelotet, gefüttert usw. Für mich schien die ganze Sache sehr übertrieben. Schließlich dachte ich immer Angeln bestände darin, daß man einen Wurm an den Haken kettet und dann die Angel solange vor sich ins Wasser hält, bis sich endlich mal ein Fisch daran verirrt. Doch weit gefehlt! Zuerst wurden die Angeln aufgebaut und mit Haken, Vorfächern und was es sonst noch gibt ausgestattet. Danach wurde wild rumdiskutiert, welche Boilies denn wohl die Angebrachtesten wären. Die Prozedur begann mit dem Aufbauen.
Boilies?
Was war das denn nun schon wieder? Man klärte mich darüber auf, daß es sich dabei um kugelförmige Futterbällchen handelt, die anstatt der Würmer auf den Haken kommen. Damit fange man in Karpfenanglerkreisen die Karpfen. Diese Boilies schienen mir sofort als sympathisch, denn schließlich hatte ich schon die ganze Zeit an den armen Wurm gedacht, der da aufgespießt am Haken hängen würde. Das es diese Boilies nun auch noch in verschiedenen Geschmacksrichtungen gab verwirrte mich vollständig. Man gab mir verschiedene Exemplare, die ich mir sofort unter die Nase rieb. Mmh, einige rochen echt gut. Süßlich und fruchtig. Andere dagegen konnte ich gar nicht ausstehen. Diese rochen nach altem vermodertem Fisch. Nachdem dann endlich die Ruten (wieder ein neuer Begriff den ich lernte) bestückt waren wurden diese endlich ins Wasser gelassen. Zu diesem Zeitpunkt hatte man mir eine Angel in die Hand gedrückt, die ich mal eben auf den Rod-Pod legen sollte.
Rod-Pod & Bißanzeiger
Haha, witzig! Rod-Pod, was war denn das schon wieder? "Na, da rechts neben Dir, der Rutenhalter" hieß es. Ach so, ja dann! Ich legte also die Angel dort nieder. Plötzlich fing dieses Ding auch noch an zu piepen und schon wieder eine neue Frage, was war das schon wieder? Ich glaube an dieser Stelle empfand man meine Fragerei nur noch als nervig.... aber nein, es wurde mir wieder ganz ruhig erklärt das es sich hierbei um einen Bißanzeiger handelt. Ach so Bißanzeiger, das verstand ich allerdings sofort. Mein erster Kommentar war dennoch: "Mensch, was seit Ihr faul"! Als ich früher nämlich mal (da war ich noch sehr klein) mit meinem Papi angeln war, hatte der Posen an seiner Angel. An der konnte er sehen (erklärte er mir damals), ob ein Fisch an seinem Wurm zugange war oder nicht. Wiederum erntete ich schallendes Gelächter. Mit diesen elektronischen Bißanzeigern wäre die Sache viel einfacher. Zwischendurch könne man schließlich das Essen vorbereiten, lesen und sogar schlafen. Es entginge so kein Biß. Aha! So, nun war endlich alles aufgebaut und mein Wissensdurst war eigentlich auch gestillt, aber nein, unsere Schlafgemächer fehlten ja noch ... und schon ging es los. Bis ich wieder aufgeklärt wurde, was den wohl ein Bed-Chair ist waren glaube ich meine Nerven und auch die der Anderen vollkommen hinüber. Nun hieß es abwarten. Es verging Stunde um Stunde und nichts tat sich. Fragen traute ich mich schon lange nichts mehr, aber man muß es mir angesehen haben. Denn schließlich sagte man mir, ich müsse Geduld haben. Leider ist dieses keine von meinen positiven Eigenschaften. Doch plötzlich ging ein Bißanzeiger los, allgemeine Unruhe! Der Karpfenangler gab alles, doch der Fisch auch. Nach kurzer Zeit war der Fisch erschöpft und ließ sich mühelos ans Ufer zerren.
Carp-Matte?
Wieder allgemeine Unruhe, wo war bloß der Kescher und die Carp-Matte? Kescher- diesen kannte ich schon von meinem Dad, aber was war das für ein Monstrum? Und Carp-Matte? Jetzt bekam der Fisch auch noch eine gepolsterte Unterlage. Oh mein Gott, wo war ich hier nun wieder gelandet? Nun ging es ratz-fatz. Der Karpfen war im Kescher und lag vor mir auf seiner Matte. Was mir nun im Kopf rumging kann sich keiner vorstellen. Denn so einen riesigen Fisch hatte ich noch nie gesehen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat es mich sowieso schon immer Überwindung gekostet in einen See zu steigen, wer weiß denn schon, was da so alles drin rumschwimmt?! Doch nun war es geschehen. Ich beschloß niewieder auch nur meinen kleinen Zeh in einen See zu halten. Mein Gesichts-ausdruck sorgte wiederum für allgemeines Gelächter, denn jeder wußte, die Fische die mein Papi mir damals zeigte waren Forellen oder Brassen aus einem "Forellenpuff". Nun durfte ich den Fisch genau begutachten und anfassen. Nur mit der Fingerspitze glitt ich über den schleimigen und rutschigen Fisch. Sofort überfiel mich ein neuer Gedanke als dem Karpfen der Haken mitsamt dem Boilie entnommen wurde. "Der arme Fisch, wollte nur fressen und nun liegt er hier. Eine offene Wunde vom Haken und er hat wahrscheinlich Todesangst". Schnell wurde ich wieder beruhigt, denn Fische sind schließlich Kaltblüter und empfinden den Schmerz nicht so wie wir Menschen. Der Fisch wurde auf den Arm genommen und von links und rechts fotografiert. Eine Gewichtsmessung durfte natürlich auch nicht fehlen. Heute kann ich nicht mehr sagen, ob er 10 oder 20 Pfund gehabt hat. In diesem Moment wäre mir ein 5-Pfünder schon als riesig vorgekommen. Danach sah ich ihn nur noch von dannen schwimmen. Froh darüber, daß der Karpfen noch lebt und nicht zu Hause im Kochtopf landete machte ich mir so meine Gedanken über die Karpfenangelei. Im Großen und Ganzen habe ich sehr viel darüber gelernt und auch festgestellt, daß man ein Hobby, welches man nicht kennt, nicht gleich als negativ beurteilen sollte.
Beschnittene Karpfen
Nachdem ich aber nun das Monats-Special "Beschnittene Karpfen" gelesen habe, muß ich doch noch mal meinen Senf als Nichtangler dazugeben. Ich sehe zwei verschiedene Arten von Anglern. Das sind einmal diejenigen, die jeden Fisch egal wie groß mit nach Hause nehmen und dort verspeisen und die zweite Kategorie: die Karpfenangler. Ich möchte hier nicht diejenigen verurteilen, die den Fisch mit nach Hause nehmen und essen. Ich selber esse auch gerne Fisch. Wer mich kennt weiß aber, daß ich nicht den Selbstgeangelten, sondern nur den, den man z.B. von Käptain Iglo her kennt esse. Ich könnte auch kein Schnitzel von einem Schwein essen, welches ich vorher noch liebevoll gestreichelt habe. Trotzdem esse ich das tote Stück Fleisch aus der Theke. An dieser Stelle möchte ich aber denjenigen, die den Fisch verstümmeln und verkrüppeln einmal die Meinung sagen. Alle die mir bekannten Karpfenangler behandeln ihren Fang soweit es geht sehr gut. Denn ich kann es immer noch nicht ganz glauben, daß so ein Fisch den Schmerz vom Haken im Maul nicht so sehr empfindet. Was aber so mit dem Fisch getrieben wird kann ich einfach nicht verstehen. Wie oft sieht man Fische, denen z.B. die halbe Schwanzflosse fehlt? Hier sagt mir mein Verständnis, daß so etwas nicht auf natürlichem Wege geschehen ist. Da muß doch jemand nachgeholfen haben!? Wozu notiert ein Karpfenangler denn sonst das Gewicht und macht Fotos? Etwa doch nur um zu protzen??? Schließlich habe ich mir
erklären lassen, daß dieses gemacht wird, um später einmal Rückschlüsse über den Fisch ziehen zu können. Warum habt Ihr alle Eure Fotos? Damit sollte es doch ein Leichtes sein einen Fisch wiederzuerkennen. Zumal der selbe Fisch eben nur im selben Gewässer sein kann. Wie schon gesagt, habe ich das Hobby "Karpfenangeln" voll und ganz respektiert. Ich selber freue mich, wenn ich ab und zu mal dabei sein kann. Schließlich findet man hierbei Gleichgesinnte und gute Freunde. Doch diejenigen, die ihren angeblichen "Lieblingen" soetwas antun sind aus meiner Sicht einfach nur Tierquäler und sind auch keine richtigen Karpfenangler, sondern einfach nur Protzer der schlimmsten Art. Persönlich beleidigen will ich hier keinen, doch ich mußte meine Meinung einmal aussprechen, denn schließlich gehöre ich nicht dazu und sehe die Sache mit ganz anderen Augen. Aber denkt nur mal an die Meinung derjenigen, die nicht das Glück hatten bei Euch einmal hinter die Kulissen zu sehen. Was mögen die bloß denken? Denn Ihr wißt ja, es gibt keine Ausnahmen. Wurde ein Trottel dabei beobachtet, wie er den Fisch mißhandelt, sind es gleich alle Karpfenangler.....
Evelyn Klemens eMail an den Autor

 

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