KingCarp - Helden in Bundeswehrhosen
|
Von Volker Book
|
Die Funkbox macht sich mit einem Dauerton energisch bemerkbar! Mit einem
Satz öffnet er die Tür seines Bivvys, schlüpft in seine Schuhe und will
die Rute in die Hand nehmen um den Kampf mit dem Karpfen aufzunehmen.
Doch was ist das? Neben ihm drillt sein großgewachsener, mit teuren Klamotten
ausgestatteter Nachbar einen scheinbar großen Karpfen! Frequenzüberschneidung
- Mist! In ihm kommen Zweifel auf. Hat die Werbung gelogen? Hätte er vielleicht
nicht auf die Vasallen hören sollen? Hat ihm sein Kaufmann Schrott angedreht?
Oder hat der Adel ein schlechtes Produkt entwickelt?
|
Adel? Kaufmann? Vasall? Was hat das mit Karpfenangeln zu tun? Auf den
ersten Blick sicherlich nicht viel, auf den zweiten aber schon. Zumindest
dann, wenn man die Szene mit einem mittelalterlichen Königreich vergleicht!
Das habe ich hier getan, spaßig aber dennoch mit ernsten Hintergrund.
Zu einem funktionierenden Königreich gehören mehrere gesellschaftliche
Ebenen. Diese verteilen sich pyramidenartig von oben nach unten. Im Klartext
heißt das: An der Spitze steht der Adel, am Fuß der Pyramide die Masse
der Bauern. Den Zwischenraum teilen sich die Ritter und Geistlichen, sowie
die Handwerker und Kaufleute.
|
Blaues Blut ist auch nur rot!
Fangen wir mit der obersten Ebene an: Diese blaublütige
Gesellschaftsschicht besteht aus Königen, Fürsten, Baronen und solchen
die es einmal werden wollen. Ihre Besitztümer tragen imposante Namen,
die ich an dieser Stelle wohl nicht genauer erwähnen muß! Ihren
Reichtum haben sie nicht durch unehrbares Raubrittertum erlangt, nein
Innovation und Imitation sind der Grund für ihre hohe gesellschaftliche
Stellung! Um dies ein wenig genauer zu beschreiben: Sie spezialisierten
sich auf die Herstellung von hochtechnischen Angelgeräten und die Entwicklung
von Hightechködern für den Fang von Großkarpfen.
|
Nebenerwerbsgeistliche...
Verfolgen wir die Gesellschaftsstruktur einen Schritt weiter
nach unten, so treffen wir auf die Ritter und Geistlichen. Diese sind
die Geschichtsschreiber und Moralapostel der Scene! Furchtlose Krieger
der Gerechtigkeit! Helden der Scene! Dabei spielt es in der Regel keine
Rolle, daß sie lediglich Nebenerwerbsritter und Nebenerwerbsgeistliche
sind. Sie rekrutieren sich aus den Reihen der Bauern und Handwerker, gehen
also meistens einem regulären Beruf nach. Handwerk hat eben goldenen Boden!
Selbstverständlich gibt es aber auch in dieser Gesellschaftsebene Tagelöhner
und Landstreicher! Sie sind natürlich auch nicht untätig und verfassen
so allerhand nützliche Schriften. Manche zeichnen sich durch die Qualität
ihrer veröffentlichten Texte aus und erlangen so internationalen Ruhm.
Manche übertreiben aber auch! Bei dem Versuch ihre Schriften als Bibelersatz
zu etablieren, sind sie weit über ihr Ziel hinausgeschossen. Es bewahrheitet
sich wieder einmal die Tatsache, daß "Masse statt Klasse" der falsche
Weg zu seien scheint.
|
Kaufleute & andere Halsabschneider
Kommen wir zur nächsten Gesellschaftsform, den Kaufleuten.
Die Mitglieder dieser Zunft sind aus den verschiedensten Materialien geschnitzt!
So gibt es ehrbare und verantwortungsvolle Kaufleute, die alles zum Wohl
ihrer Kunden tun würden. Natürlich gibt es aber auch das Gegenteil! Diese
haben das $ Zeichen vor Augen und würden das blaue vom Himmel lügen, wenn
es die Kasse voller machen würde! Rund um die Zunft der Kaufleute tummeln
sich Angehörige einer anderen Klasse. Nennen wir sie Vasallen! Diese Knechte
und Diener der Adeligen und Kaufleute schwirren wie Fliegen um ihre Herren,
ganz so als ob sie ihre Seelen an sie verhökert haben! Sie sie oft von
guter Statur, in teure Stoffe gehüllt und sehr gut aussehend! Ihre Aufgabe
bestand einzig und allein darin, das Volk - besser gesagt die Bauern -
zu manipulieren. Ja, lieber Leser! Richtig gelesen! Die Bauern manipulieren,
nichts anderes! Die hierfür angewendete Technik ist schlicht und einfach:
Man präsentiert einfach in den einschlägigen Medien dicke Fische mit den
dazugehörigen Vasallen (Fänger). Dazu schreibt man ein paar Zeilen, etwa
in diesem Stil: Der Fang dieses 80 Pfund schweren Karpfens verdankt der
Vasall Peter Bond einzig und allein der genielen Entwicklungsarbeit von
König Soundso......... Dies wiederholt man so oft, wie es der Werbeetat
zuläßt. Am Ende verknüpft jeder dumme Bauer den Vasall Peter mit dem Produkt
von König Sounso und denkt: "Will ich so dicke Fische fangen gibt es nur
eins was mir dabei helfen kann.....!" Genial einfach, oder?!
|
Das niedere Volk....
Kommen wir zu letzten gesellschaftlichen Unterteilung:
Den Bauern! Es wäre falsch an dieser Stelle die anderen zu dieser Gruppe
gehörenden Berufe auszulassen: Friseure, Maurer, Papiermacher, Schlachter,
Postboten, Schleusenwärter und Elektriker gehören ebenso dazu wie akademische
Berufe wie Lehrer, Diplom-Ingenieure und Studenten! Die Aufgabe der Bauern
ist denkbar simpel: Sie besteht einzig und alleine darin Geld zu verdienen
und auszugeben - vornehmlich für Angelgerät der schon erwähnten Hersteller.
Auch bei den Bauern gibt es die unterschiedlichsten Charaktere. Die einen
gehen sachte und geheimnisvoll an die Sache heran, andere wiederum legen
ein gestörtes Sozialverhalten an den Tag, während andere es genießen -
Vasallen ähnlich - im Rampenlicht zu stehen. Vielfach in der Hoffnung
in die Zunft der Vasallen aufgenommen zu werden. Die Mehrzahl - und das
ist gut so - verhält sich aber normal und Bauerntypisch! Sprich: Sie eifern
den Vasallen nach, kaufen immer das neueste Gerät, die buntesten Boilies
und die bestrichensten Flavour! Richtig so! Der Grad zwischen Erfolg und
Mißerfolg eines Bauern ist denkbar schmal. Zwei Parameter scheinen aber
maßgeblich darüber zu entscheiden: - Verheiratet zu sein oder nicht -
Berufstätig zu sein oder nicht Beide Faktoren spielen eine wesentliche
Rolle, wobei der Aspekt "verheiratet" am ungeeignetsten erscheint, da
einem Bauern durch die Unterjochung in der Ehe die benötigte Freiheit
fehlt. Paart sich die "Ehe" dann auch noch mit einer länger andauernden
Arbeitslosigkeit, kann der Bauer sein Hobby sprichwörtlich an den Haken
hängen; will er nicht eine völlige Verwahrlosung der Familie riskieren!
Inwieweit die Intelligenz eines Bauern zum Erfolg beiträgt, ist bis heute
noch nicht erforscht worden. Man kann aber davon ausgehen, daß die Volksweisheit
"Die dümmsten Bauern fangen die dicksten Fische!" zutreffend ist.
|
Und die Moral von der Geschicht....
Beamen wir uns zurück in die Gegenwart. Der Vergleich spiegelt
die momentanen Zustände in der Szene wieder. Karpfenangeln ist zum Big
Bussines geworden. Einige wenige regieren die Szene, die große Masse konsumiert
nur und mißt sich an den Maßstäben der sogenannten "Profis". Das diese
Maßstäbe für 95% der Angler in unerreichbarer Ferne liegen interessiert
keinen. Wichtig ist einzig und allein, daß das gleiche exklusive Tackle
auf dem Rodpod liegt, auch wenn man nur gelegentlich am nächsten Dorfweiher
fischen geht! Guckt man sich die heutige Generation von Karpfenanglern
an, kann man oft nur mit dem Kopf schütteln! Ich bin der Meinung da fehlt
was. Natürlich kann man nicht alle über einen Kamm scheren, doch für einen
Großteil ist dies zutreffend. Viele Jugendliche gehen nach der bestandenen
Fischereiprüfung mit Mama und Papa in den nächsten Angelladen, lassen
3 Riesen über den Tisch wachsen und kommen als Karpfenangler wieder aus
dem Laden heraus! Fische unterhalb der 20 Pfund Marke werden noch im Wasser
abgehakt und zählen nicht. 30er! 40er! Das sind die Gewichtsangaben die
zählen! Wie sollte es auch anders sein? Sie bekommen es von den Profis
nicht anders vorgemacht! Andere Karpfenangler - vielleicht um Längen erfolgreicher
- werden aufgrund des nicht zeitgemäßen Tackles schief angeguckt und bemitleidet.
Was ich aber am schlimmsten finde ist das umsetzen von großen Karpfen
- meistens handelt es sich hierbei um bekannte Fische, die nach dem Fang
in ein anderes Gewässer umgesetzt werden! Nur damit kein anderer diese
mit einem noch höheren Gewicht wiederfangen kann. Ganze Gewässer sind
so schon entvölkert worden! Ekeliger Egoismus regiert die Scene!
Wo soll das hinführen? Auf jeden Fall in eine Sackgasse! Ich denke, daß
es in naher Zukunft das Karpfenangeln, zumindest so wie wir es in der
heutigen Form betreiben, nicht mehr geben wird. Wir werden uns durch unser
eigenes Handeln selber die Verbote auferlegen! Berichte wie sie von S.
Pingel verfaßt und von der Karpfenszene veröffentlicht wurden, beschleunigen
diesen Effekt nur. Was die Karpfenscene braucht, ist nicht das nachäffen
einiger Szenegurus (die meistens mit schlechten Beispiel vorangehen),
sondern ein größerer Zusammenhalt untereinander. Karpfenangler sollten
damit beginnen, sich gegenseitig mehr zu respektieren und tolerieren,
damit es auf kurz oder lang zur Bildung einer Lobby kommen kann. Ohne
diese Lobby wird es in naher Zukunft das Karpfenangeln nicht mehr geben!
Da bin ich mir sicher!
|
 
|