Wer kennt diese Situation nicht?
Der Bissanzeiger überschlägt sich fast, man setzt den Anschlag und:
- nach kurzem Drill ist der Spuk vorbei! Haken ausgeschlitzt!
Dieser Bericht beschreibt meinen Versuch, dem Problem ein Ende zu setzen!
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Unsanft werde ich aus dem Schlaf gerissen - der
Delkim meldet einen Run, den vierten in dieser Nacht. Raus aus dem Schlafsack, rann an die
Rute. Der Anschlag sitzt, der Fisch nimmt Schnur von der Rolle, alles bestens. Langsam
werde auch ich wach. Doch was ist das? Die Schnur wird schlaff! Nachdem ich das Rig
eingeholt habe, zeigt sich die Bescherung. Schon wieder ein Aussteiger. Der 3. in dieser
Nacht! Langsam beginne ich an mir zu zweifeln. Noch nie hatte ich so viele Fische durch
Ausschlitzen des Hakens verloren, wie in den letzten Sessions. Das wechseln des
Hakenmodells, das variieren der Vorfachlänge, kurzes Haar, langes Haar, Festblei oder
ungestoppt, nichts brachte mir befriedigende Resultate ein. Der Rest der Nacht verlief zum
Glück sehr ruhig, noch mehr Rückschläge hätte ich auch nicht mehr hinnehmen können.
Vor ähnlichen Situationen stand ich in der letzten Saison mehrere male. Es war schier zum
Verzweifeln.
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Die Idee!
Eine Lösung mußte her, und zwar sehr schnell. Die zu
der Zeit in der Fachpresse oft erwähnten und diskutierten Bent-Hooks kamen nicht in
Betracht. Hatte einer dieser Haken doch bei seinem ersten Einsatz am Twente-Kanal im
Winter `92 einen Schuppi für sein Leben gezeichnet. Nach anfänglicher Einfallslosigkeit,
reifte langsam eine Idee in meinem Kopf.
Das Rig sollte die folgenden Eigenschaften besitzen: Beim haken sollte es sich wie ein
Bent-Hook verhalten, im Drill aber die Eigenschaften eines normalen Hakens besitzen, sich
also fischfreundlich verhalten.
Nach einigen Tagen des herumexperimentierens am Schreibtisch war ich mir sicher, einen
Schritt weiter zu sein.
Als Grundlage nahm ich die beiden von mir favorisierten Hakenmodelle: Den Drennan Boilie
Hook, und den Drennan Specialist, beide in den Größen 4 und 6. Ich bog mit Hilfe einer
kleinen Kombizange das Öhr nach innen. Knotete ich in dieser Position das Vorfachmaterial
an, dazu ein standardmäßiges Haar und einen Boilie, so hatte ich beim Handtest den
Dreheffekt eines Bent-Hooks. Beim fischen zeigte sich aber, daß der Haken gut im vorderen
Bereich des Karpfenmauls saß, ich aber immer noch Aussteiger hatte, wenn auch bedeutend
weniger. Anzumerken ist an dieser Stelle, daß es nicht zu den schweren Verletzungen kam,
wie sie sonst des öfteren beim Bent-Hook Rig vorkamen. Dies führe ich darauf zurück,
daß die von mir verwendeten Haken ein kompakteres Design haben, und die Biegung nicht
mittig am Hakenschenkel, sondern zum Ende hin angebracht ist. Hierdurch ist der negative
"Pflitzebogeneffekt", der meines Erachtens für die Verletzungen verantwortlich
ist, ausgeschaltet. Um eine Erfahrung reicher, versuchte ich in den kommenden Tagen, daß
Rig zu verbessern. Nach anfänglicher Ratlosigkeit und einer Menge Vorfachmaterial, kam
mir am zweiten Abend die simple Idee, den gebogenen Haken durch einen Line-Aligner das
richtige Finish zu geben. Durch den Line-Aligner konnte ich den Dreheffekt noch
verstärken. Meine Hoffnung bestand nun darin, daß ich durch die Verwendung des
Line-Aligners den Vorgang, bei dem sich der Fisch hakt, soweit optimieren konnte, daß ich
im anschließenden Drill so gut wie keine Aussteiger mehr haben werde. |
Die Lösung?
Den Beginn des kommenden
Wochenende konnte ich kaum abwarten. Nach Feierabend kurz nach Hause, die Sachen packen,
und ab ans Wasser! Ich lud meine Klamotten auf den Bedchairwagen, und zu meinem Glück war
die von mir über die Woche gefütterte Stelle frei. Ich baute alles auf, und warf meine 3
Ruten auf die ca. 80m entfernte Sandbank. Noch ein paar Boilies mit dem Cobra hinterher
und dann hieß es warten. Gegen 23.00 Uhr hörte ich einen Fisch auf meiner Stelle
springen. Eine halbe Stunde später meldete der mittlere Delkim dann den ersten Run.
Anschlag, der Fisch nahm Schnur von der Rolle, und die Schnur wurde nicht schlaff! Nach
einem kurzen, aber heftigen Drill lag ein schöner Spiegler von 18 Pfund vor mir auf der
Cypro. Der Fisch war mittig in der Unterlippe gehakt. Genauso, wie ich es mir Vorgestellt
habe.
Die Delkims gaben diese Nacht noch dreimal ihr bestes. Alle Fische, sie wogen zwischen 15
und 27 Pfund, konnte ich sicher landen. Auch bei diesen Fischen faßte der Haken immer
nach dem gleichen Schema: Mittig in der Unterlippe.
Eine Trefferrate von 100%, daß war nach all den Rückschlägen der letzten Zeit ein
echter Lichtblick.
Zwei Wochen später sollten die neuen Rigs erneut
ihre Qualität unter Beweis stellen. Mein KAOS´93 Kollege Kuddel und ich wurden von
unseren Mühlheimer Kollegen zu einem Trip an die Ruhr eingeladen. Wir bezogen unsere
Stellen, und kurze Zeit später konnte ich meine beiden Ruten an der gefütterten Stelle
plazieren. Beide Ruten waren mit 4er Boilie-Hooks mit Inturned Eye bestückt. Die eine
Rute mit einem 18mm Sinker, die andere mit einem Schneemann (Floater/Sinker). Nach
mäßigen Fängen in der ersten Nacht, fing ich am abend des zweiten Tages einen Spiegler
von 28.200 Pfund. Dieser Fisch lieferte einen absolut harten und phantastischen Drill.
Auch bei diesem Fisch saß der Haken mittig in der Unterlippe.
Bei allen weiteren Einsätzen hatte ich
immer das gleiche Resultat. Nach 61 Runs in der ´97 Saison kann ich 55 auf der Haben
Seite verbuchen. Drei Fische gingen durch Schnurbruch verloren, bei zwei Runs ging der
Anschlag in Leere. Lediglich einen einzigen isch verlor ich durch Ausschlitzen des Hakens.
Aus diesem Grund ist das Rig mittlerweile zu meinem Standartrig geworden. |
Die Bauanleitung
Um das Rig herzustellen, benötigt man neben den sonst
üblichen Teilen lediglich eine kleine Kombizange. Mit der Kombizange biegt man den Haken
ca. 1,5 - 2 mm unterhalb des Öhrs vorsichtig um ca. 25°-30° nach innen. Wichtig ist
hierbei, speziell bei den Drennan Boilie-Hooks, daß man den Haken nicht an der schon
vorhandenen Biegestelle (Die Biegung 16° nach außen) biegt, sondern ein wenig zum
Hakenbogen versetzt. Bei "normal" geformten Haken, wie z.B. den Drennan
Specialist, spielt die Stelle an der die Kombizange angesetzt wird keine Rolle.
Ein weiteres wichtiges Kriterium besteht darin, das
Hakenöhr in einem Biegevorgang in die gewünschte Position zu bringen. Mehrmaliges
ansetzen und biegen würde das Material an der Biegestelle ermüden lassen. Nun knüpft
man das Vorfachmaterial an. Das Haar wird standardmäßig angebracht und mit 0,5mm
Silicontube am Hakenschenkel fixiert. Die besten Hakeigenschaften haben sich ergeben, wenn
das untere Ende des Tubes auf Höhe der Hakenspitze sitzt. Die Haarlänge sollte
mindestens 5mm betragen, damit der Boilie die Drehbewegung des Haken nicht behindert. Nun
wird noch vom anderen Ende des Vorfachs ein ca. 10mm langes Stück 1,5mm Silicontube in
Line-Aligner Manier aufgezogen. Zum Schluß noch den Wirbel anknoten, und fertig ist das
Rig. |


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Floater, Sinker und andere Baits
Da sich das Rig von anderen Montagen lediglich durch das gebogene Öhr
unterscheidet, läßt es sich wie eine ganz normale Standardmontage einsetzen. Alle in der
Szene benutzten und veröffentlichten Rigs lassen sich kinderleicht modifizieren. Man
sollte aber auf einige Details achten, die die Effektivität des Rigs noch erhöhen. Neben
der oben schon erwähnten vergrößerten Länge des Haars und dem auf Höhe der
Hakenspitze positionierten Fixierungstubes ist es besonders wichtig, ein weiches und
flexibles Vorfachmaterial zu verwenden. Wenn es die Umstände zulassen, ist der Einsatz
von kleinen Haken (4er-8er) ratsam.
Wenn Floater eingesetzt werden, spielt die Haarlänge eine wesentliche Rolle. Der Boilie
sollte am besten 1,5 - 3 mm über dem Hakenbogen schweben, um die Drehbewegung des Hakens
nicht zu beeinträchtigen. |

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Kritik
Fast allen, denen ich von dieser Montage berichtet
habe, reagierten gleich: "Am Haken rumbiegen? Das ist mir zu gefährlich! Der bricht
doch bei extremer Belastung genau an dieser Stelle!" Ich muß zugeben, das ich
während der Experimentierphase auch meine Bedenken hatte, denn speziell die Boilie-Hooks
in Größe 2, und ein Modell der Firma Partrigde sind beim biegen gebrochen. Bei den
anderen von mir getesteten Haken traten diese Probleme aber nicht auf. Auch der
´Türklinkentest´ zeigte, daß die Haken eher aufbiegen, als an der Biegestelle zu
brechen. Auch am Wasser habe ich noch nie einen Fisch durch Hakenbruch verloren, und das
obwohl einige Fische dem Gerät alles abverlangt haben.
Zu Anfang hatte ich erst bedenken, ob ich die Idee
und meine damit gemachten Erfahrungen wirklich veröffentlichen sollte. Ich fische dieses
Rig nun aber schon die 2. Saison, und die Praxis hat gezeigt, daß die Haken in der unten
aufgeführten Liste bei sorgfältiger Bearbeitung nicht brechen. Wären Probleme in
Verbindung mit diesem Rig aufgetreten, so hätte ich als verantwortungsvoller
Karpfenangler garantiert die Finger davon gelassen, geschweige denn veröffentlicht! |
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Liste der getesteten Haken
Hakenmodell: |
Hakengröße: |
Besonderheiten: |
Drennan Boilie-Hook |
2-6 |
Keine Probleme bei den Größen
4 und 6. Größe 2 beim biegen öfters gebrochen. |
Drennan Specialist |
2-8 |
Keine |
Mustad O´Shaugnessy |
4 und 6 |
Keine |
Gamakatsu |
4 und 6 |
Keine |
Partrigde Outbarb |
4 und 6 |
Keine |
Partrigde Dutch Special |
4 und 6 |
Keine |
Partrigde Record Breaker |
4 und 6 |
Bricht beim biegen! |
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Schlußwort |
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Ich hoffe das ich einigen mit diesem
Artikel helfen konnte, die Probleme mit "Aussteigern" zu beheben, oder euch
zumindest einige Anregungen gegeben zu haben.
Solltet ihr das Rig einmal ausprobieren, oder euch einfach nur Gedanken darüber machen,
dann teilt mir bitte eure damit gemachten Erfahrungen, Meinungen oder Ideen mit. Auch an
Kritik und Verbesserungsvorschlägen bin ich interessiert.
Ihr könnt mir in diesem Falle unter folgenden Adressen mailen:
book@metronet.de |
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